Landesplanung
Stand: Juni 2024
Was ist Landesplanung?
„Die Landesplanung hat die Aufgabe alle Anforderungen an den Raum zu ordnen, gegeneinander abzuwägen und Allem seinen notwendigen Platz zu sichern." [1] - Dieses Zitat von der Homepage der Landesplanung NRW bringt es auf den Punkt. Der Landesentwicklungsplan (LEP) ist dabei auf Landesebene das zentrale Instrument der Raumordnung in Nordrhein-Westfalen, mit dem die Zukunftsentwicklung des Landes gestaltet und die Grundlagen zur Raumnutzung in unserem Bundesland gelegt werden. Von der Bereitstellung von Flächen für Siedlung, Gewerbe und Industrie über die Sicherung landwirtschaftlicher Flächen für die Produktion von Lebensmitteln und die Steuerung der Rohstoffgewinnung bis hin zum Schutz von Freiräumen und Natur muss die Landesplanung in Nordrhein-Westfalen dabei verschiedenste Interessen zusammenbringen und Nutzungskonflikte überwinden.
Die Entstehung bzw. Überarbeitung eines Landesentwicklungsplanes als zentrale Aufgabe der Landesplanung ist ein mehrschrittiges und komplexes Verfahren. Daher möchte ich auf dieser Seite einen Überblick über rechtliche Grundlagen, den Aufbau der Landesplanung und über die bereits erfolgten und die geplanten Änderungen am Landesentwicklungsplan geben. Denn mit den Änderungen machen wir NRW fit für die Zukunft, auf dem Weg zum klimaneutralen Industrieland, das die natürlichen Lebensgrundlagen schützt.
Landesentwicklungsplan
Der Landesentwicklungsplan (LEP) legt, wie der Name schon sagt, fest, wie sich unser Land entwickeln soll. Dieser Plan besteht aus verbindlichen Zielen sowie Grundsätzen, die in der nachfolgenden Regionalplanung sowie der kommunalen Bauleitplanung berücksichtigt werden müssen. Die Ziele und Grundsätze umfassen verschiedenste Politikbereiche von der Siedlungsentwicklung (nicht nur Wohnen, sondern auch Gewerbe und Industrie) über Infrastruktur bis zu Natur- und Freiraumschutz oder dem Rohstoffabbau. Diese verschiedenen Nutzungsansprüche müssen im LEP bestmöglich abgewogen und miteinander vereinbart werden. Die Frage, wie wir die begrenzte Fläche, die uns in NRW zur Verfügung steht, nutzen wollen und welche Ziele dabei beachtet werden, wird also über den LEP beantwortet.
Die Landesplanung ist beim Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) angesiedelt, das von Mona Neubaur (GRÜNE) geführt wird. Als Landesplanungsbehörde erstellt das Ministerium die Pläne und Programme der Landesplanung, also vor allem den Landesentwicklungsplan. Sie ist außerdem Genehmigungsbehörde für die Regionalplanung und zuständig für weitere Aufgaben, wie beispielsweise Zielabweichungsverfahren.
Bei Neuaufstellungen oder Änderungen im LEP erstellt die Landesplanungsbehörde zunächst im Einvernehmen mit den weiteren betroffenen Landesministerien einen Entwurf. Dieser Entwurf wird dann öffentlich ausgelegt und in ein Beteiligungsverfahren gegeben. Während dieser Zeit hat die Öffentlichkeit (z.B. Kommunen, Wirtschafts- und Naturschutzverbände) die Möglichkeit, Stellungnahmen zum Entwurf abzugeben. Zusammen mit einem Bericht über die Aufstellungsverfahren, inklusive des Umgangs mit Stellungnahmen, wird der LEP-Entwurf anschließend dem Landtag zugeleitet. Am Ende wird der Landesentwicklungsplan von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtags als Rechtsverordnung beschlossen. Die gesetzlichen Grundlagen hierzu sind im Landesplanungsgesetz sowie im Raumordnungsgesetz des Bundes festgehalten.
Der erste LEP für ganz Nordrhein-Westfalen wurde 1995 aufgestellt, zuvor wurde lediglich in sachlichen Teilabschnitten geplant. Im Jahr 2017 erfolgte nach langer Phase der Erarbeitung unter grüner Regierungsbeteiligung eine Neuaufstellung. Ein geltender LEP muss aber nicht komplett neu aufgestellt werden, sondern kann auch an ausgewählten Stellen geändert werden. So hat beispielsweise unsere schwarz-gelbe Vorgängerregierung 2019 Änderungen am LEP vorgenommen. Für die laufende Legislaturperiode haben wir als GRÜNE mit der CDU einige weitreichende Änderungen vereinbart, die wir in zwei aufeinanderfolgenden Änderungsverfahren umsetzen werden. Das erste Änderungsverfahren ist bereits abgeschlossen.
Was ändert sich?
Erstes* Änderungsverfahren
Das erste* Änderungsverfahren betrifft vor allem den Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Änderungsentwurf der Landesplanungsbehörde ist nach Durchlaufen des offiziellen Verfahrens inklusive der Öffentlichkeitsbeteiligung und einer Anhörung im März 2024 vom Landtag beschlossen worden.
Dieses Änderungsverfahren legt den Schwerpunkt auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die besondere Dringlichkeit von Klimaschutz und Energiesicherheit sowie bundesrechtliche Vorgaben (Wind-an-Land-Gesetz) erfordern diese zügige erste Teiländerung.
Die Änderungen des LEP umfassen vor allem folgende zentrale Punkte:
- Windenergie
- Definition von Teilflächenzielen für die Ausweisung von Windenergiegebieten in den einzelnen Planungsregionen (= Regierungsbezirke und Regionalverband Ruhr) und Festlegung, bis wann diese Ziele zu erreichen sind. Die Verteilung der Flächenziele auf die Planungsregionen erfolgt auf Grundlage der Flächenanalyse Windenergie NRW. Bis 2025 sollen 1,8% der Landesfläche als Windenergiegebiete in den Regionalplänen ausgewiesen sein. Dazu werden die Regionalpläne parallel zum LEP geändert. Damit erreicht NRW die Vorgaben des Bundes sieben Jahre früher als verlangt.
- Ermöglichung der Windenergienutzung im Nadelwald und in sogenannten BSN-Gebieten (Bereichen für den Schutz der Natur), sofern diese nicht fachrechtlich geschützt sind. Ausgenommen sind also Naturschutzgebiete, Nationalparke, Nationale Naturmonumente, Naturwaldzellen, Wildnisentwicklungsgebiete sowie Natura 2000-Gebiete.
- Die planerische 1500-m-Abstandsregelung für Windenergieanlagen wird gestrichen.
- Windenergienutzung in Gewerbe- und Industriegebieten wird ermöglicht und muss bei der kommunalen Bauleitplanung zwingend geprüft werden.
- Solarenergie
- Die Flächenkulisse für Freiflächen-Solarenergie wird erweitert. Grundsätzlich sind sogenannte raumbedeutsame (“große”) Freiflächen-Solaranlagen überall im Freiraum möglich, wenn der Standort mit den sonstigen festgelegten Schutz- und Naturfunktionen vereinbar ist. Ausgenommen sind regionalplanerisch festgelegte Waldbereiche (also auch Kalamitätsflächen) und Bereiche zum Schutz der Natur.
- Agri-PV: auf hochwertigen Ackerböden dürfen nur spezielle Agri-Photovoltaikanlagen (Agri-PV) und keine “klassischen” Freiflächen-Solaranlagen geplant werden, um diese wertvollen Flächen zu schützen. Auch auf anderen Flächen, die für die Landwirtschaft eine besondere Bedeutung aufweisen, sollen im Rahmen der Gesamtabwägung nur Agri-PV-Anlagen errichtet werden.
- Zur Steuerung des Ausbaus von Freiflächen-Solaranlagen wird eine Priorisierung von Flächen festgelegt, auf denen Freiflächen-Photovoltaik vorrangig geplant werden soll. Dazu gehören vor allem geeignete Brachflächen, Halden, Deponien, und landwirtschaftlich benachteiligte Gebiete und Bereiche um Windenergieanlagen. Außerdem sollen auch Flächen an Straßen vorzugsweise genutzt werden, dabei vorrangig in 500 m Abstand zu Bundesfernstraßen und überregionalen Schienenwegen, dann die entsprechenden Korridore um Landesstraßen und schließlich zuletzt 200 m-Korridore um andere Straßen und Schienen. Außerdem sollen die Anlagen möglichst nicht alleinstehend im Freiraum, sondern anschließend an bestehende Bebauung oder Infrastruktur geplant werden.
- Die Nutzung von Freiflächen-Photovoltaik ist grundsätzlich auch in Windvorranggebieten möglich, wenn die Windenergienutzung nicht beeinträchtigt wird.
Zweites* Änderungsverfahren
Da aber nicht alle vereinbarten Änderungen in diesem ersten Verfahren umgesetzt werden können, ist ein zweites Änderungsverfahren notwendig. Damit werden weitere zentrale Vereinbarungen des Koalitionsvertrags umgesetzt. Die Landesregierung hat am 22.06.2023 die Eckpunkte für dieses Verfahren veröffentlicht. Dazu zählt die Wiedereinführung des 5-ha-Grundsatzes zur Begrenzung des Flächenverbrauchs, die Weichenstellung für einen perspektivischen Ausstieg aus der Kies- und Kiessandgewinnung in den besonders betroffenen Regionen auf Basis eines wissenschaftlich fundierten Rohstoffmonitorings oder die Einführung des vorsorgenden Hochwasserschutzes als Grundsatz der Raumplanung, ebenso wie ein Planzeichen Landwirtschaft zum Schutz landwirtschaftlicher Fläche und zur Sicherung der Versorgung mit Lebensmitteln. Die Landesplanungsbehörde wird auf Grundlage der Eckpunkte nun einen Änderungsentwurf erarbeiten, der im Laufe des Jahres 2024 veröffentlicht werden soll.
* Ich spreche vom ersten und zweiten Änderungsverfahren und zähle dabei die Verfahren in dieser Legislaturperiode. Die Landesregierung spricht von der zweiten und dritten Änderung, weil sie eine Änderung der vergangenen Legislaturperiode mitzählt.
Plenarantrag von CDU und Grünen im Landtag
Als Koalitionsfraktionen haben wir im Januar einen Antrag in den Landtag eingebracht, in dem wir die Rahmenbedingungen für beide Änderungsverfahren festlegen und weitere Inhalte über die oben genannten hinaus definieren. Dazu gehören beispielsweise die Einführung von landesplanerischen Rahmenbedingungen für Floating-PV und Agri-PV, die planerische Darstellung eines Zweiten Nationalparks nach einem Beteiligungsverfahren sowie Ziele und Grundsätze für Anlagen der Wasserstoffinfrastruktur. Hier gibt es den Antrag zum Nachlesen.
Weitere Infos im Zusammenhang mit der Landesplanung
Regionalplanungsbehörden
Eine wichtige Rolle für die Umsetzung der Landesplanung spielen die Regionalplanungsbehörden. In NRW sind das die fünf Bezirksregierungen sowie die Geschäftsführung des Regionalverbands Ruhr (RVR). Davon zu unterscheiden sind die regionalen Planungsträger, das sind die fünf Regionalräte und die Verbandsversammlung des RVR. Die regionalen Planungsträger stellen die Regionalpläne auf, die von den Regionalplanungsbehörden unter Beteiligung der Öffentlichkeit vorbereitet werden. NRW ist also insgesamt in sechs Regionalplanungsgebiete aufgeteilt.
Die erste LEP-Änderung in dieser Wahlperiode macht es erforderlich, dass die sechs Regionalpläne weitgehend zeitgleich geändert werden. Dies ist insbesondere für die Ausweisung der Windenergiegebiete zentral, deren konkrete räumliche Festlegung in den Regionalplänen erfolgt. Sobald die Verteilung der Flächenvorgaben auf die sechs Planungsregionen feststeht, starten also die darauf aufbauenden Regionalplanverfahren in den sechs Regionen. Auch bei der Aufstellung von Regionalplänen wird verpflichtend die Öffentlichkeit beteiligt.
Untere Planungsebene
Die konkrete Umsetzung der landes- bzw. regionalplanerischen Vorgaben erfolgt auf kommunaler Ebene durch die Bauleitplanung. Dazu werden von den Städten und Gemeinden Flächennutzungspläne und Bebauungspläne aufgestellt, z.B. für neue Wohn- oder Gewerbegebiete aber auch für Sonderbauvorhaben wie Anlagen der Energieerzeugung, Sportanlagen oder Kliniken. Auch hierbei handelt es sich um mehrschrittige Verfahren, bei denen die Öffentlichkeit verpflichtend zu beteiligen ist.
Die kommunalen Planungsträger, also die Stadt- und Gemeinderäte, verfügen innerhalb ihres Gebietes über die Planungshoheit und genießen dabei viele Freiheiten, so lange sie sich an die Vorgaben der Landes- und Regionalplanung halten. Änderungen am Flächennutzungsplan müssen daher stets durch die Regionalplanungsbehörden genehmigt werden, bevor sie wirksam werden.
Leitentscheidungen
Ein besonderes Instrument innerhalb der Landesplanung ist die sogenannte Leitentscheidung. Mit einer Leitentscheidung legt die Landesregierung die Grundlage für die Aufstellung oder Änderung von Braunkohleplänen. So wurde beispielsweise 2016 von der damaligen rot-grünen Landesregierung in einer Leitentscheidung die Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler II beschlossen. Aktuell gilt noch die Leitentscheidung von 2021, in der die damalige schwarz-gelbe Landesregierung den Braunkohleausstieg für das Jahr 2038 festgelegt hatte. Im Zuge der Entscheidung, dass Nordrhein-Westfalen schon 2030 aus der Kohle aussteigen wird und die fünf Dörfer Keyenberg, Unter- und Oberwestrich, Kuckum und Berverath am Rande des Tagebaus Garzweiler II erhalten bleiben, wird die jetzige Landesregierung wiederum eine neue und somit letzte Leitentscheidung vorlegen, die den Kohleausstieg 2030 auch landesplanerisch umsetzt.
Urteil der Oberverwaltungsgerichts NRW zur Änderung des LEP durch die Vorgängerregierung
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat im März 2024 große Teile einer LEP-Änderung aus der Regierungszeit der schwarz-gelben Vorgängerregierung (2019) für unwirksam erklärt, nachdem der BUND NRW dagegen geklagt hatte. Somit gilt in den meisten der 2019 geänderten Punkte wieder der ursprüngliche Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2017. Hiervon betroffen sind unter anderem der nun wieder gültige 5-ha-Grundsatz und Festlegungen zur Einschränkung der Siedlungsentwicklung im Freiraum. Eine Übersicht über die betroffenen Grundsätze und Ziele stellt die Landesplanungsbehörde auf ihrer Homepage bereit. Somit ergibt sich für die oben beschriebene 2. Änderung des LEP eine neue Ausgangslage, die zu berücksichtigen ist. Des Weiteren betrifft das Urteil mittelbar auch die unteren Planungsebenen, die auf dem LEP aufbauen. Auch diese Rechtsfolgen sind auf der Homepage der Landesplanung näher beschrieben.
Weiterführende Links:
Homepage der Landesregierung https://landesplanung.nrw.de/
geltender LEP https://www.wirtschaft.nrw/system/files/media/document/file/20220915-lesefassung-lep.pdf
Synopse zu den geplanten Änderungen des Landesentwicklungsplans NRW für den Ausbau der Erneuerbaren Energien: https://landesplanung.nrw.de/system/files/media/document/file/lep-nrw-anderung-erneuerbare-energien-synopse-zu-den-geplanten-anderungen.pdf
[1] https://landesplanung.nrw.de/die-landesplanung-nrw